Bevor die Kommunalpolitik nach dem Sommer wieder Fahrt aufnimmt, möchte ich hier eine – sicher subjektive und unvollständige – kleine Zusammenfassung einiger Themen geben, die während des Sommers im Stadtrat und in den Ausschüssen diskutiert wurden.
Erneuerbare Energie
Die Diskussion um das Thema „Photovoltaik in der Quedlinburger Innenstadt“ ist aktuell kaum noch wahrzunehmen. Die Stadtverwaltung hatte angekündigt, einen Entwurf für eine geänderte Gestaltungssatzung vorzulegen, was bisher noch nicht geschehen ist. Bedauerlich ist allerdings, dass zu diesem Thema keine öffentliche Diskussion zur Meinungsbildung geführt wird. Würden nicht gelegentlich mal Bürgerinnen oder Bürger nach Investitionsmöglichkeiten fragen, weil sie auf ihr denkmalgeschütztes Dach keine eigene Anlage montieren dürfen, könnte man meinen, das Thema wäre nicht mehr interessant. Dabei ist es so interessant und wichtig, wie der Erfolg der Energiewende für unsere Zukunft nur sein kann.
Statt dessen – oder vorübergehend – hat sich die Aufmerksamkeit auf Freiflächen-Solaranlagen verlagert. Der Stadtrat genehmigt immer mehr dieser Anlagen rund um die Stadt. Aktuell sollen weitere Anlagen entlang der A36 sowie auf einer bisherigen Betriebsfläche des Bauhofes auf dem Moorberg entstehen.
Dabei wird zunehmend auch auf landwirtschaftlich nutzbare Flächen und sogar Teilflächen in Landschaftsschutzgebieten gesetzt. Der Wasser- und Abwasserzweckverband will zusammen mit den Stadtwerken die Teile der ehemaligen Rieselfelder in Richtung Ditfurt nutzen. An manchen dieser Vorhaben scheiden sich die Geister. Hochwertiger Ackerboden oder schützenswerte Natur müssen gegenüber der Notwendigkeit des dringenden Zubaus alternativer Energieerzeugungsanlagen abgewogen werden. Ich persönlich vertrete die Meinung, dass das höhere Gut der schnellstmöglichen Beendigung der Verbrennung fossiler Energieträger im Sinne der Zukunft unserer Kinder hier (vorübergehend) zu Kompromissen zwingt. Aber meine Meinung ist nicht entscheidend, sondern sollte in eine offen geführte Diskussion und Meinungsfindung eingehen. Aber genau das findet scheinbar leider nicht statt. Warum?
Auch warte ich noch auf unsere Stadtwerke, welche die Idee eines Bürgerkraftwerkes wieder aufnehmen sollte und mit öffentlichen Informationsveranstaltungen die Bürgerschaft einlädt, konkrete Realisierungsmöglichkeiten auszuloten.
Hier einige der aktuellen Beschlussvorlagen zum Thema:
Industriegebiet Quarmbeck
Das lange Zeit umstrittene Industrie- und Gewerbegebiet Quarmbeck wird nun seit geraumer Zeit vom Land Sachsen-Anhalt (Investitionsbank) aktiv angeboten. Aktuell gibt es laut Ankündigung des Oberbürgermeisters Ruch einen Interessenten, der sich aber noch nicht entschieden hat. Details unterliegen noch der Verschwiegenheitspflicht. Da es aber offensichtlich eine Nachfrage nach großen Flächen gibt, möchte die Stadt Quedlinburg das Gebiet schon jetzt vergrößern, wie die nachfolgende und inzwischen beschlossene Beschlussvorlage zeigt. Für die Erweiterung soll ein externer Projektsteuerer beauftragt werden. Und dazu müssen Mittel aus dem Haushalt der Stadt umgewidmet werden.
Unsere Fraktion hat sich weitestgehend der Stimme enthalten, weil wir nach wie vor der Überzeugung sind, dass ein Industriegebiet in diese artenreiche und historisch wertvolle Kulturlandschaft schlecht passt. Auch wenn der Welterbe-Titel wohl nicht gefährdet ist, wie ICOMOS bescheinigt hat, so stehen wir zu der ablehnenden Stellungnahme der oberen Denkmalschutzbehörde.
Da es für das Industriegebiet Quarmbeck offensichtlich eine große Mehrheit gibt, haben wir den aktiven Widerstand aufgegeben, werden entsprechende Beschlüsse im Stadtrat aber auch nicht unterstützen.
Warten wir also ab, ob und wann wirklich ein nennenswerter Investor kommt, und wie sich dann die Landschaft verändert. Im günstigen Fall können wir dann alle gut damit leben und profitieren über erhebliche Gewerbesteuereinnahmen alle davon. Im schlechtesten Fall wird die Vorharz-Landschaft unwiederbringlich durch Industriebauten verschandelt, ohne dass nennenswerte Arbeitsplätze geschaffen werden oder Gewerbesteuer gezahlt wird. Beides und alles dazwischen ist möglich.
Sollten wir im Stadtrat Entscheidungsmöglichkeiten haben, dann werden wir aber in jedem Fall darauf achten, dass Investoren nachhaltig investieren. Das schließt bei zu erwartendem hohem Energieverbrauch einer Industrieanlage zum Beispiel die Nutzung und Verbrennung fossiler Energieträger aus.
Innenstadt- und Radverkehrskonzept (Update)
Im Rahmen der Veranstaltungen rund um den Tag des offenen Denkmals findet am 10. September ab 11 Uhr im Bürgersaal des Rathauses ein Workshop Stadtmobilität statt.
Wie im neuen Qurier nachzulesen ist, soll unter Anleitung von Mobilitätsexperten der IGES Institut GmbH auf der Grundlage der Ergebnisse der Online-Befragung die nächste Runde der Bürgerbeteiligung eingeläutet werden.
Schwerpunkte sollen sein:
- Nahmobilität (Fuß- und Radverkehr, Barrierefreiheit),
- Motorisierter Individualverkehr, Parken und ruhender Verkehr,
- Erreichbarkeit von Schulen,
- Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV).
Wer Zeit hat und sich für das Thema interessiert sollte hier unbedingt teilnehmen, denn Bürgerbeteiligung ohne Bürger macht keinen Sinn.
Es besteht also Hoffnung auf eine künftige verkehrsberuhigte Innenstadt, in der sich Radfahrer, Fußgänger und deutlich weniger Autos frei bewegen können.
Bautätigkeit im Stadtgebiet
Die größte Baustelle in Quedlinburg ist zweifelsfrei der Schlossberg. Der Großteil der Gerüste ist gefallen, so dass wir die neu gestaltete Fassade betrachten können. Allerdings müssen wir uns nach Ankündigung des Oberbürgermeisters wahrscheinlich noch bis 2025 gedulden, bis das neu gestaltete Museum öffnet. Ursache sind vor allem die Preisentwicklung im Bausektor sowie das Fehlen von Material und Fachkräften.
Trotzdem können wir uns auf eine wirklich großartige Ausstellung in neu gestalteten Räumlichkeiten freuen.
Nachdem es zwischenzeitlich kaum noch Fördermittel zur Stadtsanierung für private Investoren gab, hat sich die Situation nach Aussage des Oberbürgermeisters wieder etwas entspannt.
Bedeutende Gebäude wurden aus einem langen Dornröschenschlaf geweckt – so zum Beispiel im Neuen Weg die straßenseitigen Gebäude des ehemaligen Arbeitsamtes (früher DSG) sowie das Ensemble des ehemaligen „Harzer Schmuck“. Weitere Baustellen in der Stadt zeugen von fleißiger Bautätigkeit.
Worauf wir und viele staunende Gäste der Stadt seit Jahren vergeblich warten, ist die Fertigstellung der Bahnhofsbaustellen. Es scheint der „Berliner Flughafen“ von Quedlinburg zu werden. Sehr bedauerlich und vielfacher Grund von Spott. Während sich die Züge spätestens seit der Verfügbarkeit des Deutschland-Tickets deutlich füllen, bewegt sich am Bahnhof – nichts! Die Garantie der Aufzüge dürfte inzwischen abgelaufen sein, ohne dass sie auch nur einen Tag genutzt werden konnten. Was für ein Desaster.
Die Baustelle ist ein Symbol des allgemein wahrgenommenen Stillstands in unserem Land. Wenn wir das ändern wollen, dann dürfen wir nicht wegsehen, sondern müssen den Verantwortlichen immer wieder unbequeme Fragen stellen.
Die größte Straßenbaustelle ist der Bereich zwischen Kreuzung Magdeburger Straße und Moorberg. Mit viel Glück enden die umfangreichen Verkehrsbehinderungen noch dieses Jahr. Vielleicht aber auch nicht.
Für die nähere Zukunft ist der Sanierungsbeginn des Steinwegs zwischen Weberstraße und Bockstraße geplant. Dort soll auch testweise ein erster Trinkbrunnen installiert werden. Hoffentlich sieht das sich immer schneller wandelnde Klima das ein und wartet mit den nächsten heißen Sommern noch etwas …
Was bitte ist so schwer daran, an geeigneten Stellen mit wenig Aufwand Möglichkeiten zu schaffen, dass Menschen mal eben einen Erfrischungsschluck nehmen können? In vielen anderen Ländern geht das.
Meiner Anregung im Stadtrat, in allen öffentlichen Gebäuden verbindlich den Zugang zu einem Wasserhahn mit Trinkwasser für jedermann zu schaffen, wurde offensichtlich auch nicht weiter nachgegangen. In Potsdam wird genau das erfolgreich praktiziert.
Aber vielleicht habe ich auch nur den Begriff „Deutschlandtempo“ falsch verstanden. Möglicherweise hat der Bundeskanzler damit gemeint, dass sich bitte der Klimawandel, das Artensterben und überhaupt die ganze Welt dem Tempo Deutschlands anpassen soll. Also … einfach alles aussitzen …
Am FSE in der Lindenstraße kann man den Baufortschritt inzwischen sehen. Lassen wir uns überraschen, wann es den Quedlinburgern, ihren Gästen und vor allem den Schwimmsportlern dann zur Verfügung stehen wird.
Klimaschutzmanagement
Auch im zweiten Anlauf ist es leider nicht gelungen, die Stelle für das „Klimaschutzmanagement“ zu besetzen. Die Fördermittel stehen inzwischen zur Verfügung. Der Markt an geeigneten Personen scheint aber abgegrast zu sein. Dabei muss sich Quedlinburg, ob man will oder nicht, endlich aktiv auf den Weg machen, die Stadt widerstandsfähiger zu machen gegen die immer stärker in Erscheinung tretenden Folgen des Klimawandels, und damit die Bevölkerung zu schützen. Die Themen reichen von Stadtgrün und Trinkbrunnen bis zur Umsetzung von „Schwammstadt“-Konzepten, damit Starkregenereignisse Teile des Welterbes nicht plötzlich „wegspülen“. Nachfolgend zur Information über das Aufgabenspektrum der Ausschreibungstext:
Wir haben auch mal wo nachgefragt .
https://fragdenstaat.de/anfrage/denkmalschutz-und-photovoltaik-202/
Mit grauen Grüßen
Die PARTEI Harz