Am 6. Juni konnten wir in der Mitteldeutschen Zeitung lesen, dass der Quedlinburger Bahnhof (genauer: Die Bahnhofsgebäude) zum Verkauf steht (MZ: Bahnhof zu verkaufen).
Angesichts der jüngsten Diskussionen im Stadtrat über den unhaltbaren Zustand des Quedlinburger Bahnhofs und seines Umfeldes sollte man doch meinen, dass die Stadtverwaltung diese Chance umgehend nutzt, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch macht und endlich das Heft des Handelns in die kommunale Hand nimmt. Denn nur so bekommt Quedlinburg die Chance, dass sich am Zustand der „Eingangshalle der Welterbestadt Quedlinburg“ endlich etwas ändert und den Einwohnern und Besuchern unserer Stadt ein würdiger Empfang bereitet wird.
Da der Haushalt der Stadt diese Investition nicht so einfach möglich macht, könnte eine Tochter der Stadt, wie zum Beispiel die WoWi, die Gebäude (möglicherweise vorläufig) übernehmen. Das wäre die Voraussetzung für die Erarbeitung eines Entwicklungskonzeptes, die Beantragung von Fördermitteln und vieles mehr. Über einen dauerhaften Betreiber könnte dann ohne großen Zeitdruck nachgedacht werden. Umliegende Kommunen haben es erfolgreich vorgemacht!
Bereits vorhandene frühere Konzepte der Bahnhofsgestaltung und -nutzung könnten wieder hervorgeholt und gesichtet werden, um auf dieser Grundlage und unter möglichst viel Bürgerbeteiligung Ideen und Nutzungsmöglichkeiten zu entwickeln. Wie wäre es zum Beispiel mit der Einrichtung des im Welterbemanagementplan geforderten Welterbezentrums an dieser Stelle? Es gäbe sicher noch eine Fülle weiterer Ideen – wenn man nur danach fragen würde.
Wie Bürgerbeteiligung wirklich konstruktiv eingesetzt werden kann, um Dinge voranzutreiben und übergeordnete Behörden von scheinbar aussichtslosen Vorhaben zu überzeugen, macht uns Thale aktuell mit den Plänen für die Sanierung des Freibades in beispielhafter Weise vor. Siehe hierzu MZ: Freibad wird Wasserreich für Thale. Da fällt mir ein: Freibad in Quedlinburg? Hat die Stadt da nicht schon einmal grandios versagt?
Aber im oben genannten MZ-Artikel werden wir gleich wieder auf den traurigen Boden der Realität der von Hausaltsnot und Sicherheitsbedenken paralysierten Stadtverwaltung zurückgeholt: „Den Bahnhof zu kaufen, dazu ist die Stadt Quedlinburg aufgrund ihrer Haushaltsnotlage aktuell nicht in der Lage“, heißt es in der Antwort der Stadt auf Anfrage der MZ.“.
Diese Aussage muss man sich angesichts anderer fragwürdiger Investitionen, wie zum Beispiel den weit über 1 Mio. Euro für den unnötigen und überzogenen Kreisverkehr unter dem Münzenberg oder dem extrem teuren und unter nach wie vor fragwürdigen Umständen durch den Rat gebrachten Umzug der Stadtverwaltung aus der Blasiistraße in die Halberstädter Straße, auf der Zunge zergehen lassen. Hier ist seltsamerweise von Haushaltsnot keine Rede.
Das Bürgerforum wird in Zukunft die einseitige Sparpolitik zum Schaden Quedlinburgs nicht mehr mittragen.
Wie lange wollen wir uns in Quedlinburg diesen Stillstand noch gefallen lassen? Während rings um uns herum Bahnhöfe, Bäder und andere für das urbane Leben wichtige Objekte saniert werden (siehe obige MZ-Artikel), weil andere Stadtväter längst begriffen haben, dass man sich nicht totsparen darf, wenn man im Wettbewerb der Kommunen als attraktive Wohn- und Wirtschaftsstandorte überleben will, steuert Quedlinburg in die Katastrophe.
Wird es dem neu gewählten Stadtrat gelingen, das Ruder herumzureißen? Wahrscheinlich nicht, denn die Kräfteverhältnisse haben sich kaum verändert. Eher hat die Stadt mit der Wahl eines neuen Oberbürgermeisters im nächsten Jahr eine neue Chance – vielleicht die letzte, bevor es zu spät ist. Denn an dieser Position wird entschieden, welcher Geist in der Stadt herrscht. Nur das Stadtoberhaupt kann Rat und Bevölkerung mitreißen – oder eben nicht.
Liebe Quedlinburger,
wenn auch Sie der Meinung sind, dass die Chance des Erwerbs der Bahnhofsgebäude nicht vertan werden darf, dann unterstützen Sie uns oder wenden Sie sich direkt an die Verwaltung und den Stadtrat, den Sie ja schließlich selbst gewählt haben, damit er Ihre Interessen vertritt!