Mit dem nachfolgenden Redebeitrag wurde die Diskussion zum Antrag der Fraktionen Bürgerforum/Grüne/QfW, Die Linke und der SPD zum Erhalt der Linden in der Lindenstraße eröffnet.
Leider ging niemand auf das Angebot einer demokratisch geführten Diskussion und des gemeinsamen Suchens nach Alternativen zum Fällen der Bäume ein. Auch die in wenigen Tagen gesammelten ca. 750 Unterschriften sowie die Demonstration vor der Sitzung beeindruckten den Block der CDU-, FDP- und AFD-Stadträte in keiner Weise.
Demokratie geht nach meinem Verständnis anders!
Wir haben diesen Antrag in den Stadtrat eingebracht, weil wir davon überzeugt sind, dass es keine gute Idee ist, eine Allee mit mehr als 50 gesunden großen Linden zu fällen, um die Lindenstraße zu sanieren.
Und das in einer Zeit
- des massiven Waldsterbens, wie wir es auch im Oberharz und im Quedlinburger Stadtforst erleben,
- des beängstigenden weltweiten Rückgangs der Biodiversität (Artenvielfalt),
- des fortschreitenden Abholzens der Regenwälder
- und des wachsenden Bewusstseins vieler – vor allem junger – Menschen, dass wir, wenn wir eine lebenswerte Zukunft haben wollen, unser Leben und wirtschaftliches Handeln endlich in Einklang mit der Natur bringen müssen.
Die Lindenstraße ist bisher in keiner Prioritätenliste für notwendige Investitionsmaßnahmen der Stadt Quedlinburg an prädestinierter Stelle aufgetaucht – geschweige denn an oberster Stelle.
Es gibt in Quedlinburg wahrhaftig Straßen, deren Sanierung dringender ist. So z.B. eine Reihe von Straßen in der Innenstadt oder die Bahnhofsstraße.
Warum muss es jetzt ausgerechnet eine Straße sein, die von einem in vielerlei Hinsicht wertvollen Bestand an großen Bäumen gesäumt wird?
Die Linden sind Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und anderen Lebewesen, sie reinigen die Luft, spenden Schatten in unserer Zeit der immer wärmeren und trockeneren Sommer – auch wenn zugegebenermaßen dieser Sommer bisher die berühmte Ausnahme von der Regel zu sein scheint.
Dass ein großer Teil der Quedlinburger Bevölkerung das Vorhaben nicht nachvollziehen kann und sich öffentlich für den Erhalt der Bäume einsetzt, sollte uns nachdenken lassen.
Nachdenken darüber, ob die Gründe für den Straßenausbau und das damit unvermeidlich verbundene Fällen der Bäume, wie es Dr. Wandelt in seinem Schreiben an den OB dargelegt hat, wirklich so schwerwiegend sind, dass sie das Opfer wert sind.
Warum also ist die geplante Maßnahme so dringend erforderlich? Warum warten wir nicht einfach ab, bis die Bäume einen wirtschaftlich nicht mehr zu begründenden Pflegeaufwand erfordern, und eine Neupflanzung unvermeidlich ist?
Wie in der MZ nachzulesen war, haben der Zweckverband und die Stadtwerke ihre Gründe, die für einen Komplettausbau der Lindenstraße sprechen, dargelegt. Weil sie aber die nicht vertretbaren Folgen außerhalb ihres geschäftlichen Blickwinkels nicht berücksichtigt haben, sollten wir als Fazit die Aussagen von Herrn Witte betrachten: „Natürlich könne man einen Austausch der Altleitungen in der Lindenstraße verschieben“ sowie „Wir hätten kein Problem damit, wenn wir die Lindenstraße jetzt zurückstellen müssten“.
Es ist also erklärtermaßen keine Gefahr in Verzug.
Ein Verzicht auf den Ausbau der Lindenstraße hätte weitere unmittelbare Vorteile:
- Öffentliche Mittel, die an anderer Stelle dringender gebraucht werden, könnten eingespart werden.
- Planung und Bau des FSE könnten schneller und preiswerter realisiert werden.
Um die Lindenstraße dennoch aufzuwerten, könnte vielleicht eine vorsichtige Erneuerung des Straßenbelags verbunden mit einem Richten einzelner Bordsteine ins Auge gefasst werden. So wurden schon mehrere Straßen in Quedlinburg zum Wohle der Bewohner deutlich aufgewertet.
Ich bin überzeugt davon, dass es weitaus nachhaltigere und weniger schädliche Möglichkeiten gibt. Warum öffnen wir die Lindenstraße nicht als Modellvorhaben nach Erneuerung des Straßenbelags als Shared Space (Begegnungszone) für alle Verkehrsteilnehmer? So könnten Fußgänger, Radfahrer und der motorisierte Individualverkehr die Lindenstraße in völlig neuer Qualität gemeinsam nutzen, um z.B. das FSE zu erreichen.
Lassen Sie uns mutig sein, indem wir aus guten Gründen unseren Kurs korrigieren und ein sichtbares Zeichen setzen. Ein Zeichen dafür, dass wir verstanden haben, wie wichtig der bedingungslose Schutz und Erhalt unserer natürlichen Umwelt – und damit der Lebensgrundlage der künftigen Generationen – ist.
Lassen Sie uns ein Signal an unsere Kinder und Enkel senden, dass uns ihre Zukunft nicht egal ist.
Springen wir gemeinsam und fraktionsübergreifend über unseren Schatten und lassen parteipolitische Differenzen außen vor. Unsere Bürgerinnen und Bürger sowie unsere Kinder sollten uns das wert sein.