29.08.2024 – Sitzung des Stadtrates

Es wird künftig schwerer, einen demokratischen Diskurs zu führen

Nach der konstituierenden Sitzung Anfang Juli war es die erste reguläre Sitzung des neu gewählten Stadtrates der Welterbestadt Quedlinburg in der Legislaturperiode 2024 – 2029 – und es haben sich alle Befürchtungen bewahrheitet, die das Wahlergebnis hervorgerufen hat.

Vorangestellt sei aber die Feststellung, dass das Wahlergebnis ein Ausdruck der Willenserklärung der wahlberechtigten Quedlinburger Bürgerinnen und Bürger ist – egal, ob sie ihre Stimme abgegeben haben, oder durch Nicht-Wählen genau so das Ergebnis mit verantworten und tragen. Und als solches ist das Wahlergebnis natürlich anzuerkennen und Auftrag an den Stadtrat mit seinen gewählten Vertreterinnen und Vertretern.

Nun könnte man meinen, dass auch angesichts von 9 gewählten Abgeordneten der AfD genügend Raum für gemeinsame Politik der Parteien und Wählervereinigungen der so genannten „Mitte“ leicht möglich sein sollte. Schließlich haben 3/4 der Quedlinburgerinnen und Quedlinburger nicht die AfD gewählt. Aber so einfach ist das scheinbar nicht.

Angesichts der Tatsache, dass die Quedlinburger CDU leider nicht auf Angebote der künftig besseren Zusammenarbeit z.B. mit dem Bürgerforum, aber auch anderer Gruppierungen, eingegangen ist, sucht man hier, wie für jedermann offensichtlich zu sehen ist, den Schulterschluss mit der AfD. Damit hat man immer eine komfortable Mehrheit und kann sich den (demokratischen) Diskurs mit allen anderen Parteien und Gruppierungen ersparen. Beide Fraktionen zusammen haben mehr als 50 Prozent der Stimmen und damit immer eine Mehrheit.

Mit dieser Situation umzugehen stellt nun sowohl für die Abgeordneten des Bürgerforums als auch aller anderen Parteien und Fraktionen ein erhebliches Problem dar, denn jeder Antrag aus deren Reihen hat keine Chance, wenn CDU und AFD sich einig sind. Bleibt die Frage zu beantworten, ob die vielen CDU-Wählerinnen und -Wähler diesen engen Schulterschluss gewollt haben. Aber egal – für die nächsten fünf Jahre ist es nun so.

Wie selbstsicher die CDU-Fraktion in Quedlinburg diese neu gewonnene Stärke nun ausnutzt, zeigte sich im Fraktionsantrag 9.1 „Antrag der CDU-Fraktion – Änderung der Hauptsatzung“, in welchem beschlossen wurde, aus mehr als fadenscheinigen Gründen die Anzahl der Mitglieder der drei Fachausschüsse von 8 auf 9 zu erhöhen. Wenn man nachrechnet und berücksichtigt, dass die CDU als stärkste Fraktion diese zusätzlichen Sitze (und Stimmen) bekommen wird, ist sofort klar, dass damit de facto jeder Antrag der CDU garantiert eine Mehrheit hat. Die lästigen vier Gegenstimmen spielen dann einfach keine Rolle mehr.
Und in der Sitzung wurde dann zusätzlich zur schriftlichen Begründung vom Fraktionsvorsitzenden noch der Grund hinzugefügt, dass man damit auch erreichen will, dass alle Mitglieder der CDU-Fraktion einen Sitz in einem der Ausschüsse bekommen sollen, was sie bisher leider noch nicht haben.
Meine Wortmeldung, dass es nicht Aufgabe des Stadtrates ist, Beschlüsse zum Wohle einzelner Fraktionen oder Parteien zu fassen, sonder einzig und allein das Wohl der Quedlinburger Bürgerinnen und Bürger Ziel aller Beschlüsse sein müsste, hat niemanden mehr interessiert. Was für ein Fiasko!

Unser Fraktionsmitglied von „Die PARTEI“ hat dann das einzig Mögliche getan, um die Absurdität des Geschehens ins Bewusstsein zu rücken, indem er die Satire-Karte gezogen und vorgeschlagen hat, dass man „um das Ehrenamt zu stärken“ (Teil der Begründung der CDU), doch alle Ausschüsse mit 36 Mitgliedern besetzen sollte.
Das wiederum hat seitens der CDU und anderer Abgeordneter zu Empörung geführt. Und genau so war es auch gedacht.

Wenn die nun scheinbar sehr kleine „Mitte“ in Quedlinburg keine Chance mehr hat, Mehrheiten in Abstimmungen zu finden, so wird man sich wohl künftig an etwas Satire als letzte Möglichkeit gewöhnen müssen.

Trotz allem wird sich aber die Fraktion Bürgerforum – Die PARTEI weiterhin nach Kräften mit ernsthafter Kommunalpolitik in die Ratsarbeit einbringen. Genau dafür sind wir gewählt worden. Und ob es der CDU oder auch der AfD gefällt oder nicht, werden wir schamlos auch ihre Stimmen nutzen, wenn es um sinnvolle Beschlüsse für die Quedlinburger Bevölkerung geht.

Hier zur Erinnerung die Tagesordnung der Sitzung vom 29.8.2024:

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