Die MZ meldete am 28.11.2014 „Bahnhof Quedlinburg ist verkauft„.
Das ist genau das Scenario, was zu befĂŒrchten war und weshalb das BĂŒrgerforum im September den Antrag gestellt hat, dass die Stadt den Bahnhof selbst kaufen solle, damit sie die Gestaltungshoheit erlangt.
Wie alle wissen, wurde dieser Antrag in bewĂ€hrter Manier weichgespĂŒlt und lief auf eine schwache AbsichtserklĂ€rung hinaus, dass man Planungen fĂŒr das gesamte Umfeld des Bahnhofs anschieben will – mit WoWi, NASA und anderen. Eigentlich kein schlechter Gedanke – wenn man es denn tun wĂŒrde!
Da man aber rein gar nichts von irgendwelchen AktivitĂ€ten hört, können wir getrost davon ausgehen, dass auch nichts passiert. Die Ausrede „Wir haben kein Geld“ hat ja bisher schlieĂlich immer gezogen. Man sollte ehrlich sein und sie um den zweiten Teil der Wahrheit „Wir haben auch keinen Plan und können es auch nicht.“ ergĂ€nzen.
Und was sagt nun unser OberbĂŒrgermeister zum Verkauf?
„Zum Auftrag des Stadtrates, ein Konzept fĂŒr das Bahnhofsareal zu erstellen, erklĂ€rte Eberhard Brecht, dass dem Besitzer jetzt keine Vorschriften gemacht werden sollten.“ [MZ 28.11.2014]
Alles klar! Genau so haben wir uns das vorgestellt.
Nun können wir nur hoffen, dass der Investor es gut meint und selbst Ideen ins Spiel bringt, die das Dilemma am Bahnhof beseitigen und ihn zu dem werden lĂ€sst, was er sein sollte – nĂ€mlich das einladend gestaltete Eingangstor einer besucherfreundlichen Welterbestadt.
Wenn nicht … darĂŒber wollen wir imMoment gar nicht nachdenken. Hauptsache wir „machen dem Besitzer jetzt keine Vorschriften“, damit das Prinzip „Privateigentum ĂŒber Gemeinwohl“ gewahrt bleibt.
Unsere Hoffnungen liegen nun bei Bernd Skudelny als hoffentlich neuem OberbĂŒrgermeister, der dieses Prinzip wieder umkehren wird. Und zwar nicht, weil er etwas gegen Privateigentum und Wirtschaft hat, sondern weil er ein den Quedlinburgern verpflichteter Politiker und selbst ein Wirtschaftsfachmann ist, den wir in unserem Rathaus dringend brauchen.
„Das fehlende Geld ist wieder einmal die ĂŒbliche faule Ausrede, Vater, wenn du mir nicht den neuen Mercedes S-Klasse schenkst“, sagt der Sohn zu seinem von ALG II lebenden Vater. Hoffentlich ist diese von S. Kecke mit seinem unglaublichen Beitrag vertretene Position nicht die der Mehrheit im BĂŒrgerforum und dessen WĂ€hler. Im Ăbrigen ist der „weichgespĂŒlte“ Beschluss einstimmig und mit der Stimme des BĂŒrgerforums beschlossen worden. FĂŒr wen spricht Herr Kecke eigentlich?
Genauso abstrus ist die Vorstellung, mit einem stark sanierungsbedĂŒrftigen Bahnhof könne man richtig Geld verdienen, so dass vom KĂ€ufer die BerĂŒcksichtigung des Gemeinwohls mit markigen Worten eingefordert werden kann. Richtig ist, dass die Stadt sehr zufrieden ist, dass das GrundstĂŒck von einem seelenlosen Immobilienfonds an eine Privatperson verkauft wurde, die mit diesem Kauf etwas fĂŒr die Stadt tun möchte. Wir werden den neuen Besitzer dabei nach KrĂ€ften unterstĂŒtzen.
Dr. Eberhard Brecht
OberbĂŒrgermeister der Stadt Quedlinburg
Der OberbĂŒrgermeister schreibt, der Bahnhof sei an eine Privatperson gegangen, âdie mit diesem Kauf etwas fĂŒr die Stadt tun möchte“. Dies ist eine Behauptung. Es darf ruhig ein wenig mehr an Informationen fĂŒr die BĂŒrger sein. Oder gehören die Absichten des KĂ€ufers zum Geheimwissen des OberbĂŒrgermeisters? Wenn ja, dann sollte er sich darĂŒber im Klaren sein, daĂ er seinen WĂ€hlern verpflichtet ist, nicht dem KĂ€ufer. Also heraus mit der Sprache! Wenn der KĂ€ufer âetwas fĂŒr die Stadt tunâ möchte, dann ist das doch des Lobes wert. Die cultWorx.com-Redaktion möchte gern applaudieren.
Nachtrag: Wie kommt das BĂŒrgerforum eigentlich auf die merkwĂŒrdige Idee, daĂ Herr Skudelny ein âWirtschaftsfachmann“ sei? Nach der LektĂŒre seiner Website ist klar, daĂ der Kandidat in seinem ganzen Leben noch nichts ökonomisch ZĂ€hlbares zustande gebracht hat. TrĂ€umt weiter.
Oder habe ich etwas ĂŒbersehen?