Stolz verkündete der Bürgermeister in diesem Jahr, dass Quedlinburg nun über einen Welterbemanagementplan verfügt (siehe MZ-Meldung vom 17.05.2013). Dieser wurde mit viel (Förder-) Geld und zum Teil auch mit Beteiligung der Öffentlichkeit erstellt.
So weit, so gut.
Wir haben mal wieder viel Papier beschrieben und mehrere Beratungs- und andere Büros haben sehr viel Geld verdient. Das wäre auch nicht wirklich verkehrt, wenn sich aus diesem recht umfangreichen Planungswerk sichtbare Aktivitäten und spürbare positive Effekte ergeben würden. Aber da sucht man leider in Quedlinburg bisher vergebens.
So wird im „Integrierten Stadtentwicklungskonzept“ – einem Teil des Managementplans – auf Seite 97 ausgeführt: „Quedlinburg prüft die Schaffung eines zentralen Anlaufpunktes, an dem sich Bürger und Besucher der Stadt mit der Grundidee des Welterbes, den damit verbundenen Zielen und Aufgaben der UNESCO sowie der Komplexität der Quedlinburger Welterbestätte auseinandersetzen können.„
Die Frage ist nun, wie lange Quedlinburg „prüfen“ will und wann man endlich handelt? Vereinzelte Fragen an die Stadtverwaltung, ob man dazu nicht den bestens geeigneten Kunsthoken nutzen kann, mit dem man nach dem Fehlversuch der Stadtwerke offensichtlich sowieso nichts anzufangen weiß, wurden sofort mit dem Hinweis auf das fehlende Geld zurückgewiesen.
Indessen machen es uns andere Welterbestätten mal wieder vor:
In Stralsund durfte ich in diesem Sommer ein sehr gut gelungenes Beispiel einer Welterbeausstellung sehen. Die folgenden Fotos vermitteln einen kleinen Eindruck.
Und auch in Wismar ist man nicht untätig, wie eine aktuelle Zeitungsmeldung belegt: Wismar bekommt Welterbe-Besucherzentrum für vier Millionen Euro.
Wismar finanziert das Vorhaben aus dem Programm „Nationale Welterbestätten“, aus dem Quedlinburg mit dem Marktplatz und dem Schlossberg auch gut bedient wird. Aber muss es immer so teuer sein? Kann man sich nicht auch auf die eigenen Kräfte besinnen? Muss man alles nachmachen, nur weil die anderen es tun?
Quedlinburg hätte mit dem Kunsthoken ein Gebäude, welches sich mit wenig Bauaufwand nutzen ließe. Die Ausstellung müsste sich dem Gebäude und seinen Besonderheiten eben anpassen statt es schon wieder umzubauen. Das wäre übrigens ein hervorragendes Beispiel für den Umgang mit der Herausforderung, der sich alle „Denkmalbewohner“ in Quedlinburg stellen müssen.
Dann bräuchte es noch jemanden, der in der Lage ist, eine solche Ausstellung fachkundig zu konzipieren und umzusetzen. Da fällt mir unsere Welterbe-Beauftragte mit ihren reichhaltigen Erfahrungen bei der Erstellung des Managementplans ein. Perfekt für das Team wäre nun ein richtig guter Museumsdirektor, der weiß, wie man im 21. Jahrhundert Ausstellungen von internationalem Format realisiert. Aber den kann/will sich Quedlinburg nicht leisten. Weiterhin wäre da die QTM, zu deren Aufgaben unter anderem „die Entwicklung und Durchführung eines leistungsfähigen Stadtmarketingkonzeptes“ gehört. Auch die reichhaltige Quedlinburger Künstlerschaft würde sich bestimmt gern einbringen. Die Liste ließe sich sicherlich fortsetzen.
Woran liegt es nun, dass bezüglich eines Welterbezentrums nichts passiert?
Woran liegt es, dass es mit dem notwendigen „großen Wurf“ einer gemeinsam von Stadt und Kirche getragenen Ausstellung zur Stiftsgeschichte auf internationalem Niveau auf dem Schlossberg nicht voran geht?
Woran liegt es, dass die Stadt trotz reichlich fließender Kurtaxe immer noch nicht über ein neues und zeitgemäßes Besucherleitsystem verfügt?
Woran liegt es, dass Besucher der Stadt abends und an den Wochenenden viel zu zeitig vor verschlossenen Türen der stadteigenen Tourismusinformation stehen?
Woran liegt es, dass die Stadtverwaltung gegen den unlauteren Wettbewerb durch ständige Verstöße gegen ihre Regeln und Auflagen einer konkurierenden Touristeninformation nicht rigoros durchgreift und ihr eigenes Unternehmen buchstäblich im Regen stehen lässt?
Woran liegt es, dass Besucher in manchen Quedlinurger Gaststätten (und Einzelhandelsgeschäften) heute noch wie zu DDR-Zeiten unfreundlich behandelt werden, wenn sie es z. B. wagen, eine halbe Stunde vor Geschäftsschluss noch etwas bestellen zu wollen?
Woran liegt es, dass auf dem Quedlinburger Markt gegen 18:00 Uhr die meisten Cafés und Gaststätten die Stühle hochstellen?
Auf diese und viele andere Fragen gibt es sicher viele Antworten. Aber wenn man mit offenen Augen durch unsere Stadt geht und Einblick in die Arbeit der Stadtverwaltung und des Stadtrates hat, dann wird einem schnell klar:
In Quedlinurg kämpft scheinbar jeder gegen jeden.
Es fehlt an vielen Stellen der wirkliche Wille, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Jeder ist von der Richtigkeit seines Tuns dermaßen überzeugt, dass anderen nicht einmal mehr zugehört wird.
Wenn es nicht bald gelingt diesen Zustand sichtbar und erlebbar zu ändern, dann wird Quedlinburg weiter im Mittelmaß versinken und alle Chancen, die die Stadt durch das Welterbe, den Domschatz und vieles mehr hatte, sind vertan.
Wenn es mancher auch nicht wahrhaben will: Die Welt außerhalb Quedlinburgs dreht sich weiter! Und Quedlinurg hat keine Zeit, sich auf irgendwelchen Lorbeeren auszuruhen.
Was kann man tun?
Eine kleine Chance bieten die nächsten 2 Jahre. 2014 wird ein neuer Stadtrat gewählt und 2015 ein neuer Bürgermeister. Kandidaten für beides sind höchst notwendig und sehr willkommen. Und dann wird man sehen, was die Quedlinburger Bevölkerung aus diesen Chancen macht.