Danke dafür, dass der Sommer in diesem Jahr in Quedlinburg und allen anderen touristischen Zentren des Landes mit geschlossenen Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen und Gaststätten startet und Hoffnungslosigkeit, Unverständnis und viele drohende Insolvenzen immer mehr Menschen in die Verzweiflung treiben.
Sie fühlen sich dank der „Weisheit und Fürsorge“ der führenden Politiker in Land und Landkreis wahrlich wohl behütet.
Deshalb möchte ich mich im Namen aller, die ähnlich denken, an dieser Stelle dafür bedanken,
- dass nach vielen Monaten eines halbherzigen, ziellosen und deshalb in großen Teilen immer noch wirkungslosen „Dauer-Lockdown Light“ immer noch kein Licht am Endes des Pandemie-Tunnels zu sehen ist,
- dass viele Unternehmen der für Quedlinburg so wichtigen Tourismus- und Kultur-Branche, dabei vor allem die sogenannten Solo-Selbstständigen und die Inhaber der vielen prägenden Geschäfte in der Innenstadt und in den Ortsteilen, vor dem finanziellen Ruin stehen,
- dass sich die Krankenhäuser und vor allem Intensivstationen kontinuierlich weiter mit Covid 19-Patienten füllen, die immer jünger werden,
- dass nach fast einem Jahr unglaublicher Dauerbelastung das ausgebrannte, geplagte und unterbezahlte medizinische und pflegende Personal weiter dem seelischen Druck der vielen Beatmungspatienten und Todesfälle ausgesetzt ist,
- dass die Menschen auch im Mai noch nicht einmal eine Chance auf Urlaub in Hotels und Ferienwohnungen wenigstens im eigenen Land haben und zunehmend ihren Glauben an unsere Gesellschaft verlieren,
obwohl
- fast alle anerkannten kompetenten und erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – vor allem Virologen und Epidemiologen an den Brennpunkten des Kampfes gegen die Pandemie – das Geschehen seit dem ersten Auftreten der mutierten Corona-Viren ziemlich genau vorausgesagt hatten und seitdem gebetsmühlenartig und eindringlich die Verantwortlichen zum entschlossenen und frühen Handeln aufgefordert haben.
Wenn nicht selbsternannte „Experten“ unter den politisch Verantwortlichen auf allen Ebenen alles in den Wind geschlagen und sich in ihrer bedauernswert naiven Selbstherrlichkeit über alles hinweg gesetzt hätten, dann könnten wir möglicherweise mit beherrschbaren und nachverfolgbaren Infektionszahlen und einem Inzidenzwert im niedrigen 2-stelligen Bereich gelassen und aufatmend einem Sommer der Erholung entgegensehen und hätten sicher viele Todesopfer weniger zu beklagen.
Aber das war offensichtlich nicht das Ziel – oder wurde schlicht und einfach nicht begriffen. Wenn führende Politiker in Sachsen-Anhalt öffentlich äußern, dass „das Kanzleramt endlich auf die Länder und Landkreise zugehen müsse, weil man vor Ort wohl am besten weiß, was gut für die Menschen ist“, oder der Landrat stolz auf das unverantwortliche Öffnungsexperiment mit der „Modellregion“ ist, dann zeugt das nur von Naivität und mangelndem Verantwortungsbewusstsein.
Wir leben offensichtlich nicht nur in einem Land voller Bundestrainer, sondern ebenso in einem Land voller Virologen und Epidemiologen. Wie naiv und überheblich kann man nur sein?
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass in diesem Jahr Wahlkampf höher bewertet wird als die Gesundheit der Menschen. Die etablierten Parteien befinden sich in einem desaströsen Zustand und schieben Panik. Davon zeugt auch die lächerliche Diskussion um die Kanzlerkandidatur in der CDU. Wen interessiert denn das bitte?
Die Menschen interessiert vor allem, wann und wie die Regierenden die aktuelle Krise in den Griff bekommen. Und Menschen, die auch an morgen denken, interessiert darüber hinaus, ob und wie man die bevorstehenden Krisen, die Artensterben und Klimawandel mit sich bringen, bewältigen will. Aber darauf gibt es keine Antworten von den politisch Verantwortlichen.
Liebe Quedlinburgerinnen und Quedlinburger:
Wir haben im Juni die zugegebenermaßen schwere Wahl, die Richtung einer vielleicht neuen Landesregierung mitzubestimmen. Hoffentlich machen viele Menschen von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Und hoffentlich fallen die Menschen nicht auf die vermeintlich einfachen Lösungen der Höcke-Partei herein. Dann würde es am Ende noch viel schlimmer werden.
Zumindest in der Corona-Krise ist es höchste Zeit und absolut folgerichtig, dass der Bund endlich und eigentlich schon viel zu spät die Entscheidungskompetenz im Fall einer Krise von internationalem Ausmaß an sich zieht. Nur dort kann, wenn man es denn will, die geballte Expertise von Fachleuten aller Bereiche herangezogen und glaubhaft bewertet werden. Länder und Landkreise müssen sich in dieser Situation als nachgeordnete Verwaltungseinheiten um die konsequente Umsetzung kümmern. Und selbstverständlich ist das keine Gleichmacherei, wie so oft und falsch behauptet wird. Denn was spricht dagegen, dass ein zentral gesetztes Ziel und daraus abgeleitete Regeln und Maßnahmen sehr eng an das lokale Infektionsgeschehen gekoppelt und punktgenau wirksam werden? Einfach nichts!
Während die Länder nun fast ein Jahr lang eindrucksvoll gezeigt haben, dass sie zur Lösung nationaler Krisen nicht ansatzweise fähig sind, ruht die Hoffnung nun – leider viel zu spät – auf dem Bund.
Na ja – die Hoffnung stirbt zuletzt …