Adventsstadt Quedlinburg – aber sicher! Sicher?

Dank der Bemühungen Vieler im Vorfeld ist Quedlinburg auch 2013 wieder ein lohnenswertes Ziel für alle, die in der Vorweihnachtszeit etwas Besonderes erleben möchten. Der Weihnachtsmarkt auf dem rechtzeitig fertiggestellten Markt, der an 3 Adventswochenenden um die inzwischen berühmten Adventshöfe und weitere Veranstaltungen und Märkte ergänzt wird, erzeugt inmitten der historischen Kulisse der Quedlinburger Innenstadt eine einmalige vorweihnachtliche Atmosphäre.
Danke an alle, die durch Ideen und persönlichen Einsatz dazu beitragen!

Dabei standen die Zeichen in diesem Jahr denkbar schlecht. In Auswertung der Veranstaltung des Vorjahres wurde seitens der Hofbetreiber und anderer Akteure heftige Kritik an Stadt und Stadtrat geäußert. Deshalb wurde auf Initiative des Bürgerforums eine Arbeitsgruppe des KTSQ (Kultur-, Tourismus- und Sozialausschuss Quedlinburg) gebildet, in welcher die bestehenden Probleme identifiziert und Lösungen erarbeitet werden sollten, Wie in der Zwischenzeit auch der Presse zu entnehmen war, ist die Arbeitsgruppe nicht weit gekommen. Man hat sich am Problem des Sicherheitskonzeptes und der daraus erwachsenden Kosten festgebissen und gerade mal eine Notlösung für dieses Jahr finden können.

Was hat es nun mit diesem Sicherheitskonzept auf sich, dass daran künftig der Advent in den Höfen zerbrechen könnte?

Wie jeder Besucher der diesjährigen Veranstaltung sofort sehen kann, wimmelt die Innenstadt an den Wochenenden nur so von Ordnern. Die ansonsten schwarz gekleideten Damen und Herren sind mit ihren leuchtend gelben Westen nicht zu übersehen. Außerdem begegnet man immer wieder Streifen des ASB sowie der Polizei. Hinzu kommen ein „Feldlager“ der Sicherheitskräfte im Kunsthoken sowie diverse Feuerwehr-, Sani- und Polizeifahrzeuge, die in der allgemeinen Weihnachtsatmosphäre eigenartige Akzente setzen. Wenn man sich da nicht sicher fühlt!

Dem ist aber offensichtlich nicht so.
Besucher fragen sich, ob hier mit einem Anschlag gerechnet wird, schmunzeln, schütteln die Köpfe oder fühlen sich verunsichert. Da hilft es auch nur wenig, dass viele der Ordner bereitwillig und freundlich helfen, wenn Besucher Orientierungshilfe benötigen.

Auch trügt das beabsichtigte Sicherheitsgefühl, denn die angestrebte höchstmögliche Sicherheit gibt es nicht. Wir treiben in unserem Land aus Angst vor Verantwortung einen nicht mehr nachvollziehbaren und vor allem nicht mehr bezahlbaren Aufwand, um vermeintliche Sicherheit vorzugaukeln. Dass das im Zweifelsfall alles nichts hilft, konnten wir ironischerweise erst vor wenigen Tagen erleben: In der Nikolaikirche stürzte ein Stück eines Deckenbogens aus großer Höhe zu Boden. Und es ist reiner Zufall und großes Glück, dass niemand zu Schaden oder gar zu Tode kam.
Dieses Beispiel zeigt, dass wir immer und überall mit einem Restrisiko leben müssen und die eigene Aufmerksamkeit durch nichts zu ersetzen ist. Angesichts unserer so schon hohen Sicherheitsstandards steigt der finanzielle Aufwand für ein weiteres Minimum mehr an Sicherheit exponentiell und wird nie ausreichen, um absolute Sicherheit zu schaffen.
Deshalb lohnt es sich darüber nachzudenken, ob wir uns von diesem Denkschema nicht besser verabschieden sollten.

Ein anderes Beispiel zeigt aber auch die interessengesteuerte Sichtweise auf unsere Sicherheit. Unserer Kenntnis nach hat es noch nie eine wirkliche Massenpanik oder gar viele Opfer auf irgendeinem Weihnachtsmarkt in Deutschland gegeben. Ereignisse, die einzelne Personen oder kleine Personengruppen betreffen, zählen hier nicht. Diese finden selbstverständlich bedauerlicherweise immer mal wieder statt – ihnen kann aber mit den sowieso verhandenen Kräften von Polizei, Feuerwehr und Notärzten begegnet werden.
Wir reden also von möglichen Schadereignissen mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit.
Andererseits weiß jeder, dass in Deutschland Jahr für Jahr deutlich mehr als 3.000 Menschen im Straßenverkehr zu Tode kommen. Dieses extrem hohe und bekannte Risiko wird aber getragen. Man kann es auch deutlicher ausdrücken: Dem Streben nach nahezu unbegrenzter Mobilität werden wissentlich jedes Jahr mehr als 3000 Menschen geopfert. Diesen Menschen nützt das stete und teilweise auch erfolgreiche Bemühen, diese Zahl zu reduzieren, auch nichts mehr.

Würde man gleiche Maßstäbe der Verantwortung des Staates für seine Bürger ansetzen, dann müsste man entweder dem Straßenverkehr die Genehmigung entziehen oder den Sicherheitswahnsinn vermeintlicher Großveranstaltungen beenden und die Sicherheitsmaßnahmen auf ein vernünftiges Maß reduzieren.

Mit genau diesem Ansatz – der Forderung nach einem vernünftigen Maß – wird das Bürgerforum ab Januar in die weiteren Diskussionen um die Zukunft der Adventsstadt Quedlinburg gehen.
Darüber hinaus streben wir auch die überfällige Diskussion zur qualitativen Weiterentwicklung der Veranstaltung an, die für die Zukunft zwingend notwendig ist. Der überwiegend positive Verlauf in diesem Jahr motiviert hoffentlich viele, sich in die künftige Gestaltung mit Kraft und Ideen einzubringen.

 

 

 

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