Offener Brief des Bürgerforums (BfQ) an den Oberbürgermeister der Welterbestadt Quedlinburg
Am 23. August steht unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein wichtiger Teil der kulturellen Vielfalt in Quedlinburg zur Disposition – mal wieder. Die CDU und weitere konservative Stadträte blasen zum Sturm auf das soziokulturelle Zentrum in der Reichenstraße.
Mit vorgeschobener Sorge um die Kinder und Jugendlichen, die vor allem tagsüber die Angebote zur Kinder- und Jugendarbeit der Reichenstraße besuchen, soll der Betrieb der zugehörigen Kneipe „Reiche“ empfindlich eingeschränkt und der allgemeine Kneipenbetrieb ganz abgeschafft werden. Das ist ein Frontalangriff auf das gesamte soziokulturelle Zentrum, welches die Reichenstraße für Quedlinburg und die Umgebung ist, denn die Schließung der Kneipe wäre das programmierte Ende der gesamten Einrichtung. Man könnte meinen, das wäre sogar gewollt …
Was also sind die Motive für diesen geplanten Affront gegen die kulturelle Vielfalt in Quedlinburg?
Es gibt mindestens zwei denkbare und mögliche Gründe:
Der erste Grund besteht vielleicht darin, dass den Quedlinburger Konservativen die Reichenstraße einfach zu „links“ ist. Und „links“ ist schlecht und muss bekämpft werden. Dabei wird leider nicht gesehen, dass die Einteilung der Welt in Links-Mitte-Rechts schon lange nicht mehr zeitgemäß ist. Wenn wir die Augen öffnen, dann können wir doch alle sehen, dass die Welt sich ständig verändert. Alle müssen wir uns damit auseinandersetzen, dass die Weltordnung nicht von selbst so bleibt, wie sie ist. Sie verändert sich rasant – und wir alle könnten schneller unter die Räder kommen, als es sich die meisten von uns vorstellen können. Das Festhalten an alten Feindbildern und das Beharren auf alten (konservativen) Grundsätzen aus dem letzten Jahrtausend führt in die Katastrophe. Es ist allgemein anerkannt, dass Kultur der lebensnotwendige Kitt ist, der menschliche Gesellschaften zusammenhält. Wir erinnern uns an die entscheidende Rolle, die mutige Künstler und Kulturschaffende in der Zeit der politischen Wende in der DDR innehatten.
Also sollten sich doch alle politischen Kräfte, die Verantwortung für die Zukunft unserer Gesellschaft haben, besinnen und gemeinsam die wirklich akuten Probleme unserer Gesellschaft ins Auge fassen und versuchen zu lösen. Und dabei spielen soziokulturelle Zentren, wie Quedlinburg mit der Reichenstraße ein sehr erfolgreiches hat, eine wichtige Rolle. Kulturelle Vielfalt und Freiheit, wie sie im Grundgesetz verankert sind, ist eines der höchsten Güter, die es mit allen Mitteln zu verteidigen gilt.