Verliert der Stadtrat von Quedlinburg seinen demokratischen Kompass oder hat er ihn bereits verloren?

(eingereicht von Hans-Peter Fieweger als Leserbrief bei der Mitteldeutschen Zeitung am 20. Oktober 2024)

Mit Entsetzen habe ich den Beschluss über die Besetzung des Abgesandten für den Dachverein Reichenstraße aus der letzten Stadtratssitzung zur Kenntnis genommen. Eine Entscheidung über die Entsendung, aus dem dafür vorgesehenen Termin, wurde revidiert, da sich nachträglich Fraktionsstärken im Stadtrat geändert haben. Werden jetzt jedes Mal alte Entscheidung aufgehoben, weil sich Fraktionsgrößen nachträglich ändern? Oder werden sogar Entscheidungen kurzfristig ohne Grund abgesagt, weil die erwünschten Abgeordneten nicht in voller Stärke zur Abstimmung anwesend sind? In jüngster Zeit ist es jetzt schon zum zweiten Mal vorgekommen, dass eine getroffene Entscheidung, unter zweifelhaftem Vorwand, durch eine neue Entscheidung auf den Kopf gestellt wurde. Ist das die zukünftige Verfahrensweise für Stadtrat und -verwaltung, einmal unter demokratischen Mehrheitsverhältnissen nicht angenehme Entscheidungen in Nachhinein durch fadenscheinige Verwaltungstricksereien in gewollte Entscheidungen zu ändern? Wo bleibt der demokratische Ansatz, getroffene Entscheidungen aufgrund vorliegender Mehrheitsverhältnisse zu akzeptieren? Was mich am meisten entsetzt ist die Steigbügelhaltung der CDU. Konrad Adenauer und Helmut Kohl drehen sich in ihren Gräbern nicht nur um, nein sie werden doppelte Salti schlagen, was aus ihrer stolzen Partei geworden ist. Eine Partei die sich anscheinend nicht zu schade ist, der umstrittenen AfD als Steigbügelhalter für ihre fragwürdige Demokratieauslegung behilflich zu sein. Jeder möge seine eigenen Rückschlüsse aus dieser so antidemokratischen Vorgehensweise ziehen.

Das Glaubwürdigkeitsproblem der Quedlinburger CDU

(eingereicht als Leserbrief bei der Mitteldeutschen Zeitung am 5. Juli 2024)

In der konstituierenden Stadtratssitzung für die beginnende Legislaturperiode wurden die Vertreter für die einzelnen Gremien und den Vorsitz des Stadtrates gewählt. In einer geheimen Wahlabstimmung wurde ein erstmalig in den Stadtrat gewählter Vertreter der AfD Fraktion mit überwältigender Mehrheit als erster Stellvertreter für den Stadtratsvorsitz gewählt. Die für den Kandidaten abgegebenen Stimmen lassen eindeutig den Rückschluss zu, dass alle Stadtratsmitglieder der CDU diesen Kandidaten unterstützt haben. Aufgrund der vor der Wahl getätigten Äußerungen der CDU-Kandidaten fragt man sich, warum wurde so schnell die Meinung zur AfD geändert? Es stellt sich natürlich auch die Frage, ob alle CDU Stadtratsmitglieder per Fraktionszwang den Meinungsführern auch in geheimen Wahlabstimmung ohne Widerspruch folgen, obwohl man gerade hier seinem eigenem Gewissen folgen könnte. Beides sind bedenkliche Anzeichen. Die Entscheidung für die Unterstützung des betreffenden Kandidaten mit dem Wahlergebnis der anderen Parteien zu begründen kann nur als missglückt betrachtet werden. Über mehrere Legislaturperioden war Herr Dieter Schmidt Vorsitzender des Stadtrates, ohne dass die SPD-Fraktion die größte Fraktion stellte oder als Wahlsieger hervorgegangen war.

Hans-Peter Fieweger (QfW)

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