Wohnungsbau für Flüchtlinge und Wohnungsabriss in Quarmbeck – wie passt das zusammen?

In der Mitteldeutschen Zeitung erschien am 28. August 2015 der Artikel „IG  Bau fordert Wohnungsbau für Flüchtlinge„. Im Prinzip kein schlechter Ansatz: Wohnungsneubau für Flüchtlinge mit der Option, diese Wohnungen im Anschluss als Sozialwohnungen zu nutzen. An denen fehlt es nämlich in der Region, so die IG Bau.
Wenn da nicht erst kürzlich im Rahmen einer Einwohnerversammlung im Quedlinburger Ortsteil Quarmbeck vom Oberbürgermeister und der WoWi verkündet worden wäre, dass auf Grund von zuviel Leerstand alle Wohnhäuser der WoWi in Quarmbeck abgerissen werden sollen. Am heftigen Widerstand von ca. 150 Quarmbecker Einwohnern wurde deutlich, dass hier eher betriebswirtschaftlich als im Sinne der überwiegend sozial schwachen Menschen kalkuliert wird.

Nun wäre es doch eine Überlegung wert, ob man nicht mit Blick auf die aktuelle Flüchtlingssituation überlegt, ob man nicht den vorhandenen Wohnraum im oben beschriebenen Sinne sanieren und nutzen kann, statt abzureißen und irgendwo wieder neu zu bauen. Wenn man den gesunden Menschenverstand einschalten würde, dann gäbe es gar keine andere Möglichkeit.
Aber es gäbe wahrscheinlich zwei Verlierer:
Erstens: Die WoWi.
Ihr entgingen die Fördermittel für den Abriss, und sie könnte keine „Wohnungen vom Markt nehmen“, was nur bedeutet, dass auf Kosten der Mieter künstlich die Preise hoch gehalten werden sollen.
Zweitens: Die Bauwirtschaft.
Ihr würden die erhofften zusätzlichen Neubauaufträge entgehen.
Beides wäre schlecht im Sinne der heiligen Kuh „Wachstum“. Nur für die Menschen – sozial schwache Quedlinburger wie auch Flüchtlinge – wäre es ein Gewinn in einer Situation, in der schnelles Handeln gefragt sein sollte. Aber wer fragt schon danach …?

Allerdings müssten die Quarmbecker Bürger, die der WoWi in der Einwohnerversammlung emotionsgeladen – und nicht ganz unberechtigt – vorwarfen, man würde sie vertreiben, ihrerseits Menschlichkeit zeigen, wenn es um andere Vertriebe geht – nämlich die vielen Flüchtlinge.
Die Chancen würden steigen, um die Interessen beider benachteiligter Gruppen mit Macht durchzusetzen.

Wenn sich die schwächeren Gruppen unserer Gesellschaft zusammenschließen würden, statt sich auch noch gegenseitig zu bekämpfen, dann würden sie plötzlich eine Macht darstellen, gegen die die Politiker in Stadt, Land und Bund nicht mehr so leicht ankommen würden. Es würde sich ein neues Selbstbewusstsein entwickeln, und die unselige Saat von Rassisten und Menschenhassern könnte nicht mehr so leicht auf fruchtbaren Boden fallen.

Dann hätte der gesunde Menschenverstand wieder eine Chance und unsinniges Abreißen und teuer wieder aufbauen würde als der Unsinn entlarvt, der es ist.

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2 Antworten auf „Wohnungsbau für Flüchtlinge und Wohnungsabriss in Quarmbeck – wie passt das zusammen?“

  1. Es ist eine gute Alternative,den Leerstand für Flüchtlingsfamilien bewohnbar zu machen. Quarmbeck ist ein Teil Deutscher Geschichte die erhalten und geschützt werden muss und was bietet sich da am Besten, als aus der Not eine Tugend zu machen. Doch sollte auch wohl bedacht sein Quarmbeck attraktiever zu gestalten. Eine Einkaufsmöglichkeit und ein Park in dem man sich trifft und austauschen kann. Denn wenn die Quarmbecker Klause auch noch geschlossen wird gibt es keinen Treffpunkt mehr für die Bewohner. Es ist eine riesen Sauerrei was in diesem Teil der Kulturerbestadt passiert. In Quarmbeck wohnen bedeutet den Menschen viel. In welchem anderen Teil der Stadt gibt es denn noch das gegenseitige Vertrauen und Miteinander? Lasst Quarmbeck nicht sterben! Gebt den Menschen die Hilfe brauchen die Chance auf ein neues Leben in der Gemeinschaft.

  2. Eine interessante Geschichte, sicher keine unendliche, aber eine umstrittene. Jüngst gab es ja wieder eine Zusammenkunft in Quarmbeck und zu einem Beitrag in der MZ gab es auch einige Leserbriefe. Quarmbeck, besser der geplante Abriss kommunaler Wohnungen in Quarmbeck, wird noch einige Zeit Thema sein. Das in diesem Zusammenhang mehrere Zusammenhänge zu berücksichtigen sind, liegt auf der Hand, denn letztlich geht es auch darum den Wohnungsmarkt zu bereinigen und preiswerten Wohnraum zu entsorgen. Das die Menschen in Quarmbeck in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen, war der MZ zu entnehmen und Anlas über dieses Thema nachzudenken: http://kucaf.blogspot.de/2016/09/der-geschaftsfuhrer-der-wowi-bringt-es.html

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